Als das Rindvieh noch Schuhe trug......
Noch bis in die 1950er Jahre wurde der größte Teil der Arbeit vor Pflug und Wagen in der Landwirtschaft in unserer Region von Kühen und Ochsen verrichtet. Pferde wurden für diese landwirtschaftlichen Arbeiten erst ab dem hohen Mittelalter eingesetzt und waren den wohlhabenden Landherren vorbehalten. Vermehrten Einsatz fanden sie in unserer Region bei den größeren bäuerlichen Betrieben meist erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts.
Die kleineren bäuerlichen Betriebe bedienten sich entweder der speziell für diese Arbeit gehalten Ochsen oder aber der ohnehin für die Milchproduktion gehaltenen Kühe. Milch- und Fleischproduktion waren somit oft ein -wenn auch bedeutendes- Nebenprodukt der Haltung von Rindvieh als Arbeitstiere. Diese Nutzung bedingte dann aber eine unnatürliche hohe Abnutzung des Horns, der entgegengewirkt werden musste.
Hierzu erhielten die Kühe und Ochsen ähnlich wie bei den Pferden eine Art Hufeisen. Entgegen den Pferden und Eseln gehört Rindvieh jedoch nicht zu den Huftieren, sondern, wie z. B. auch Schafe, Ziegen und Schweine zu den Klauentieren.
Die hornbesetzte Lauffläche dieser Tiere besteht nicht wie beim Pferd aus einem einzigen Huf, sondern ist zweigeteilt. Auch wenn solche Tiere als „Paarhufer“ bezeichnet werden, handelt es sich nicht um 2 Hufe, sondern um sog. „Klauen“. Somit sind die Beschläge von Rindern auch keine Hufeisen, sondern Klaueneisen. Umgangssprachlich werden sie aber meist als Ochsenschuhe bezeichnet, wobei viele der noch heute gefundenen Eisen dieser Art auf Wegen und Feldern nicht von Ochsen, sondern von Kühen getragen worden sind.
Die Anschaffung und Haltung der leistungsstärkeren Pferde war bedeutend teurer als die von Rindvieh. Rindvieh ist war zwar langsamer, aber insbesondere bei schwierigerem Gelände robuster einsetzbar. Bei schwierigem Untergrund sind zwei zudem spreizbare Klauen ein Vorteil gegenüber nur einem Huf.
Ein weiterer Vorteil von Rindvieh war auch, dass es ggf. nach einer Verletzung, die es für Zugarbeiten unbrauchbar machte, noch gemästet werden konnte, wohingegen Pferde in diesem Fall in der Regel notgeschlachtet werden mussten.
Heute teilweise noch erkennbare und schon längst für die Landwirtschaft als unbearbeitbar und nicht ertragreich aufgegebene ehemalige genutzte Flächen und Ackerterrassen z. B. In Wäldern und an Hängen zeigen, das früher auch schwierigstes Gelände genutzt werden musste, um die Ernährung sicherzustellen. Viele dieser Flächen waren aber selbst für die Beackerung mit Rindvieh nicht geeignet und mussten in mühevoller Handarbeit bestellt werden.
Der unterschiedliche Aufbau der Rinderklaue zum Pferdehuf erschwert im Vergleich das Beschlagen. So ist das Horn der Klauen bedeutend härter, dünner und weniger elastisch. Das Horn erstreckt sich nur über die Klauenaußenseite und ca. noch ein Drittel der Innenseite der Klauenspitze.
Klaueneisen unterscheiden sich deshalb von Hufeisen wesentlich. Im Gegensatz zu den Hufeisen, die fast umlaufend nur den Rand des Hufs abdecken und allseitig genagelt werden können, decken Klaueneisen die Sohle zum Schutz des Ballenbereichs mit einer Platte vollständig ab. Genagelt werden können sie jedoch nur an der Klauenaußenseite. Dort werden 4-6 Nagellöcher eingestanzt, von denen in der Regel 4 genutzt werden. Die Nägel werden schräg nach außen eingeschlagen und die außen überstehenden Teile abgetrennt und beigeschliffen. Zur zusätzlichen Fixierung der Eisen wurden 1-2 Laschen (sog. Griffe, Federn oder Aufzüge) angebracht. Standard ist eine Lasche im vorderen Bereich der Klaueninnenseite, der so weit wie möglich um die Klaue gebogen wurde. Die abgebildeten Klaueneisen weisen eine zweite Lasche an der Klauenspitze auf. Dies war erforderlich, wenn die Klauenform oder -größe ein Umbiegen des seitlichen Griffs nicht ermöglichte. Zusammen mit der Nagelung wurde somit das Verrutschen der Klaueneisen verhindert. Aufgrund der nur einseitigen Nagelung mussten die Klaueneisen möglichst leicht bleiben und somit weit dünner ausgeführt werden als ein Hufeisen. Insgesamt erforderte das Beschlagen von Rindern ein genaueres Arbeiten des Schmiedes bei der Ausformung und Anpassung des Eisens als auch bei der Nagelung.


Rechtes Klaueneisen mit 5 Nagellöchern und seitlicher und vorderer Feder aus der Gemarkung Kempenich; rechts = Unterseite/Lauffläche
Zum Beschlagen der Rinder wurden diese festgebunden. Hierzu existierten teilweise an den Schmieden sog. Beschlag- oder Notställe, in denen die Tiere mit breiten Ledergurten unter dem Bauch (Pansen) und Rücken sowie Stricken festgebunden werden konnten. Ein solcher Notstall aus Bornich an der Loreley kann im Freilichtmuseum Kommern besichtigt werden. Nun wurde der jeweils zu beschlagende Fuß nach oben abgeknickt festgebunden und die Klauen konnten mit Messer, Kneifzangen und Raspeln vorbereitet („geputzt“) werden. Auch die reine Huf- und Klauenpflege ohne Beschlagarbeiten war ein Aufgabengebiet des Dorfschmieds. Der individuellen Form und Größe der Klaue entsprechend wurden bei den größeren Ochsen dann vorbereitete und erhitzte Platten ausgesucht und vorsichtig zum besseren Anpassen auf die Klaue aufgelegt. Hierdurch erfolgte ein Anpassen der Klaue an das Eisen, das dann ggf. noch weiter vom Schmied korrigiert und schließlich abgekühlt aufgenagelt wurde. Bei den kleineren Klauen von Kühen erfolgte die Anpassung ohne Aufbrennen.
Die Tiere wurden in der Regel keinesfalls vollständig, sondern nur teilbeschlagen. So erhielten bei Fahrkühen meist nur die Außenklauen der Vorderbeine ein Klaueneisen.
In den 1950er Jahren erfolgt durch die nun rasant zunehmend aufkommenden Traktoren eine Revolutionierung der Ackertechnik und in den 1960er Jahren sind von Rindvieh oder Pferden gezogene Pflüge oder Wagen bereits ein seltenes und schließlich nach Jahrtausenden schnell vollständig verschwindendes Bild. Es ändert und reduziert sich nicht nur radikal das Aufgabengebiet der nun zunehmend seltener werdenden Schmiede, als auch die gehaltenen Rinderrassen.
Seit dem 19. Jahrhundert war in den meisten Regionen des heutigen Kreises Ahrweiler das beige-braune Glan-Donnersberg-Rind die bestimmende Rasse, eine Züchtung aus dem milchergiebigen Glanrind und dem schwereren Donnersberger Arbeitsrind. Die Eigenschaften der Rasse entsprachen mit einer guten Kombination von Genügsamkeit, Robustheit, Milchergiebigkeit und Mastfähigkeit den Ansprüchen der hiesigen Landwirtschaft. Bei einer Erhebung aus dem Jahr 1938 liegt der Anteil dieser Rasse im damaligen Kreis Ahrweiler bei 70,9 %. In den höher gelegenen Gebieten des Kreises lag der Anteil noch weit höher (zum Vergleich: Kreis Cochem 92,9 % und Kreis Daun 90,7 %).
Durch den Wegfall der Anforderung als Arbeitsrind setzte mit der Einführung der Traktoren innerhalb weniger Jahre ein vollständiger Austausch der Rinderrassen hin zu den nun typischen buntgescheckten Niederungsrassen, bei denen die Milchproduktion im Fokus stand, ein. Das über längere Zeit in unserer Region bestimmende Glan-Donnersberg-Rind war bereits 1980 fast ausgestorben und wird heute als stark gefährdete Haustierrasse auf der Roten Liste geführt.
Ausgestorben ist zwischenzeitlich auch der klassische (Dorf-)Schmied. Heute versieht der spezialisierte Hufschmied das Beschlagen der Pferde, die bis auf seltene Ausnahmen (Rückepferde in der Forstwirtschaft), keine Arbeitsdienste mehr versehen. Bei der Ausbildung von Hufschmieden werden aber auch heute noch die Grundkenntnis der Klauenpflege und des Beschlagens von Rindvieh vermittelt. Die erforderliche Klauenpflege wird heute von speziell ausgebildeten Klauenpflegern übernommen, die mit einem mobilen Beschlagstand auf die Höfe kommen.
In Gebirgsregionen wie den Alpen werden auch heute noch Rinder beschlagen. Ursächlich ist hier aber nicht ein Arbeitseinsatz der Tiere, sondern die sommerliche Almwirtschaft mit den langen Wegstrecken auf steinigem und stark die Klauen abnutzenden Wegen.
Das Schmieden von Klaueneisen und das Beschlagen von Rindern wurde vom Landschaftsverband Rheinland 1971 in einer Schmiede in Mörschbach/Hunsrück für Nachwelt dokumentiert: https://www.youtube.com/watch?v=jOS-1XWXRr8&t=184s
Ausgestorben ist zwischenzeitlich auch der klassische (Dorf-)Schmied. Heute versieht der spezialisierte Hufschmied das Beschlagen der Pferde, die bis auf seltene Ausnahmen (Rückepferde in der Forstwirtschaft), keine Arbeitsdienste mehr versehen. Bei der Ausbildung von Hufschmieden werden aber auch heute noch die Grundkenntnis der Klauenpflege und des Beschlagens von Rindvieh vermittelt. Die erforderliche Klauenpflege wird heute von speziell ausgebildeten Klauenpflegern übernommen, die mit einem mobilen Beschlagstand auf die Höfe kommen.
In Gebirgsregionen wie den Alpen werden auch heute noch Rinder beschlagen. Ursächlich ist hier aber nicht ein Arbeitseinsatz der Tiere, sondern die sommerliche Almwirtschaft mit den langen Wegstrecken auf steinigem und stark die Klauen abnutzenden Wegen.
Das Schmieden von Klaueneisen und das Beschlagen von Rindern wurde vom Landschaftsverband Rheinland 1971 in einer Schmiede in Mörschbach/Hunsrück für Nachwelt dokumentiert: https://www.youtube.com/watch?v=jOS-1XWXRr8&t=184s
Quellennnachweis:
Arbeitskreis Eifeler Museen: Dünnbeinig mit krummen Horn – Die Geschichte der Eifeler Kuh, Meckenheim 1986
www.kuh-und-oxn-schule.de
Bildnachweis:
Historische Fotos: Heimatfreunde Kempenich e.V
Fotos Klaueneisen: Oliver Schüller