Völkerwanderungszeit

Völkerwanderungszeit

Während der frühen und mittleren römischen Kaiserzeit war das Rheinland sowie die angrenzende Ahr und Eifel von einem blühenden Wirtschaftsleben geprägt, woraus eine intensive Landnutzung und einer ausgedehnten ländlichen Besiedlung resultierten. Ab dem 3. Jahrhundert n. Chr. setzten jedoch vermehrt Franken- und Germaneneinfälle ein, bei denen zahlreiche römische Gutshöfe geplündert oder zerstört wurden. Wenngleich während der gesamten römischen Herrschaft am Rhein ein stetiger grenzüberschreitender Austausch zwischen der rechts- und linksrheinischen Bevölkerung bzw. dem sog. Barbaricum und der römischen Provinzen existierte, nahm während der Völkerwanderunsgzeit (375-600 n. Chr.) die Intensität des Zuzugs über die östlichen Grenzregionen (Rhein, Donau) zu. Im 5. Jahrhundert n. Chr. sorgen zugleich innere Spannungen (Bürgerkriege) für eine Destabilisierung und Ressourcenverknappung des römischen Militärs sowie der Verwaltung und Sicherung der Provinzen am Rhein.

Gleichzeitig setzte bereits im 3. Jahrhundert n. Chr. eine Verschlechterung hin zu einem kühlen und feuchten Klima ein, was nach Hinweisen aus analysierten Bohrkehren des Ulmener Maars in der Eifel, auch zu regelmäßigen Starkregenereignissen führte – ein Umstand, der sich auch auf die römische Besiedlung im heutigen Kreisgebiet ausgewirkt haben dürfte.

Während des 4. Jahrhunderts n. Chr. wurden auch im Ahrgebiet zahlreiche spätantike Höhensiedlungen auf spornartigen Lagen errichtet. Als Beispiele hierfür ist der „Burgberg“ bei Insul sowie die „Bunte Kuh“ bei Walporzheim zu nennen. Zudem existieren auch auf den späteren mittelalterlichen Burgen wie der Reichsburg Landskrone sowie der Saffenburg zuvor spätantike Höhensiedlungen des 3./4. Jahrhunderts n. Chr. Diese Anlagen sollten dem zunehmenden Schutzbedürfnis der umliegenden Gutshöfe bei Überfällen dienen, teilweise wurde sie als temporäre Refugien zivil oder militärisch genutzt.

Völkerwanderungszeit
Burgberg bei Insul

Die spätantiken Höhensiedlungen stehen aufgrund ihrer im Kreisgebiet weit verteilten Lage im unmittelbaren Zusammenhang mit der dort auch im 4. Jahrhundert vorherrschenden ländlichen Besiedlung. Wenngleich viele größere Gutshöfe zur Mitte des 4. Jahrhunderts n. Chr. aufgegeben wurden (vgl. röm. Gutshof von Schuld an der Ahr), kam es z.B. in der Römervilla am Silberberg bei Bad Neuenahr-Ahrweiler während der 4. Jahrhunderts n. Chr. zur Errichtung einer in das Herrenhaus integrierten Herberge (Lat. mansio) für durchreisende und wohl auch geflüchtete aus anderen Teilen der römischen Provinzen. Die unter Konstantin I. (306-337 n. Chr.) und später Valentinian I. (364-375 n. Chr.) zunächst militärisch vielfach gefestigte Herrschaft der Römer am Rhein, zeichnet sich auch durch den sukzessiven Umbau und Ausbau der Umwehrung des Auxiliarkastells in Remagen aus.

Bronzemünze des Magnentius, geprägt in Trier (353 n.Chr.), Brohtal

Mit dem dennoch folgenden Untergang des Römischen Reichs und dem damit einhergehenden Verlust der Militärpräsenz am Rhein während des 5. Jahrhunderts fiel wohl auch das Ahrgebiet, verbunden mit dem Ende der römischen Vorherrschaft in Köln 445 n. Chr., dem nunmehr entstandenen Frankenreich zu,  womit nach bisherigem Forschungsstand die römische Besiedlung im Ahrgebiet endete.

Literatur:
O. Kleemann, Vor- und Frühgeschichte des Kreises Ahrweiler (Köln/Bonn 1971) 40-45.
O. Kleemann, Vor- und Frühgeschichte des Raumes Sinzig. In: J. Haffke, B. Koll (Hrsg.), Sinzig und seine Stadtteile – gestern und heute (Sinzig 1983) 34-38.
H. Fehr, Roemervilla. Archäologie an Mittelrhein und Mosel 7 (Koblenz 2003).

S. Friedrich, Remagen. Das römische Auxiliarkastell Rigomagus. In: H.-H. Wegner (Hrsg.) Berichte zur Archäologie an Mittelrhein und Mosel 16 (Koblenz 2010).
G. Heeren, Die Pars rustica der römischen Villa von Schuld an der Ahr. Untersuchungen zur Chronologie und Funktion. Bonner Jahrb. 220, 2020, 143-195.