Frühmittelalter

Frühmittelalter

Der Abschnitt zwischen dem Ende der antiken Epoche bis zum Beginn des Hoch- und Spätmittelalters wird von der Geschichtsschreibung heute als Frühmittelalter bezeichnet. Der damit verbundene Zeitraum reicht von 500/600 bis etwa 1000 n. Chr.

Nachdem Köln 459/461 n. Chr. vollständig in fränkischen Besitz überging, wurde die Stadt Zentrum des fränkischen Herrschaftsbereichs am Rhein, der Francia Rinensis (Ripuarien). Dieser Herrschaftsbereich war in 8 Grafschaften (Gaue) aufgeteilt, worunter auch der sog. Bonngau bzw. Ahrgau fiel. Letzter erstreckte sich entlang der Ahr, bezog das umliegende Eifelgebiet mit ein und reichte bis an die Tore der Stadt Bonn. Im Jahr 880, 882, 1064 und 1065 wird der Ahrgau urkundlich als „Arisco, pagus Aroensis, Argowe und Archgouwe“ benannt.

Der Beginn fränkischer Herrschaft am Rhein und damit auch auf dem Gebiet des heutigen Kreises Ahrweiler, ist mit dem Anfang der Epoche der Merowingerzeit gleichzusetzen, welche nach dem fränkischen Königsgeschlecht der Merowinger benannt ist. Die Dynastie regierte Teile des Frankenreichs bis 751 n. Chr., als Begründer gilt König Chlodwig (482-511). Während dieser Anfangszeit war das Kreisgebiet ständig von durchziehenden Truppen betroffen, die zumeist über die Verbindung Aachen bzw. Zülpich nach Sinzig, der späteren Aachen-Frankfurter-Heerstraße, reisten. Nachdem es Chlodwig jedoch recht schnell gelang, die Alamannen am südlichen Mittel und nördlichen Oberrhein zurückzudrängen, wurde das fränkische Großreich zur zentralen Macht im Europa des Frühmittelalters.

Ab dem 6. Jahrhundert n. Chr. kommt es zu einem schrittweisen Aufschwung der ländlichen Besiedlung, welche sich zunächst auf die fruchtbaren Landschaftsabschnitte (Täler und Auenlandschaften) konzentriert und in der Folge noch unser heutiges Ortsbild mit den mittelalterlichen Ortskernen prägt. Viele in dieser Zeit entstandenen fränkischen Siedlungsgründungen zeichnen sich durch ihre jeweiligen Ortsnamen aus, die heute noch auf „-heim, -dorf und -ingen“ enden. Auch wird erkennbar, dass die während der Römerzeit intensiv besiedelten Orte nun wieder an Attraktivität gewinnen – so finden sich in zahlreichen historischen Ortskernen im Kreisgebiet heute immer wieder bei Baumaßnahmen auch römische Siedlungsspuren.

Die während der Römerzeit wichtigen Standorte am Rhein wie Remagen oder Sinzig erhalten nun, zumeist ab dem 6. Jahrhundert teilweise wieder ihre Bedeutung zurück. Spätestens im Jahr 762 ergibt sich aus einer Urkunde die erste Erwähnung Sinzigs (Sentiacum). Die dort ansässige Königs- und spätere Kaiserpfalz nahm als Herrschaftsvertretung sicherlich eine zentrale Rolle ein. Vermutlich wählte man Sinzig auch aufgrund seiner günstigen Lage am Rheinverlauf mit Rheintalstraße, Anbindung an die Heerstraße (später Aachen-Frankfurter-Heerstraße) und Verbindung in sämtliche westlichen Landschaftsabschnitte des heutigen Kreises Ahrweiler. Die in umfangreichem Maße bekanntgewordenen fränkischen Bestattungen am Helenenberg scheinen die Bedeutung des Ortes Sinzig in dieser Zeit zu unterstreichen.

Die archäologische Fundsituation ist zum Frühmittelalter, zumindest auf dem Gebiet des Kreises Ahrweiler, mehrheitlich bisher auf Grabfunde beschränkt, die jedoch Aussagen über den teilweise gehobenen Status der Bewohner erlauben. So gehören die umfangreichen und mittels zahlreicher verzierter Beigaben ausgestatteten Gräberfelder bei Niederbreisig und Oberbreisig aber auch weitere Grabfunde aus Ahrweiler zu den Zeugen fränkischer Besiedlung am Mittelrhein sowie dem Ahr- und Eifelgebiet. Zudem zeigt sich, dass auch das Christentum nunmehr an Bedeutung gewinnt.

Denar Karls des Großen (793 - 814, Frühmittelalter), Sinzig (Quelle: Liebenstein-Gesellschaft)

Als etwa um 750 n. Chr. das Reich der Merowinger am Rhein endet, beginnt die Herrschaftsübernahme durch die Karolinger, welche das Frankenreich und damit die heutige Aufteilung Europas prägend bestimmten. Zu Ihren bekanntesten Herrschern gehörte Karl der Große, dessen Münzprägung auch das Gebiet des heutigen Kreises Ahrweiler erreichte, wie ein Neufund aus Sinzig zeigt.

Literatur:
S. Coupland, MFRP 50: Zwei Denare Karls des Großen mit griechischem Monogramm, wohl nicht aus einer italienischen Münzstätte, sondern Aachen. Numismatisches Nachrichtenblatt 7/20, 2020, 274-277.
C. A. Jost, Die Merowingerzeit – Der Übergang von der Antike ins Mittelalter. In: vorZEITEN. 70 Jahre Landesarchäologie in Rheinland-Pfalz. Begleitband zur Archäologischen Landesausstellung „vorZEITEN. Archäologische Schätze an Rhein und Mosel. 70 Jahre Landesarchäologie in Rheinland-Pfalz“ vom 21. Mai – 29. Oktober 2017 im Landesmuseum Mainz (Regensburg 2017) 249-270.
O. Kleemann, Vor- und Frühgeschichte des Kreises Ahrweiler (Köln/Bonn 1971) 45-56.
O. Kleemann, Vor- und Frühgeschichte des Raumes Sinzig. In: J. Haffke, B. Koll (Hrsg.), Sinzig und seine Stadtteile – gestern und heute (Sinzig 1983) 38-41.