Hoch- und Spätmittelalter

Hoch- und Spätmittelalter

Mit dem Zerfall des unter Karl dem Großen gebildeten Frankenreichs kam es in der Folge zu mehrfachen Reichsteilungen. Die im Vertrag von Verdun im Jahr 843 festgelegte Reichsteilung sprach Karl dem Kahlen das Westfrankenreich, Lothar I. das Mittelreich und Italien sowie Ludwig dem Deutschen das Ostfrankenreich zu. Spätestens jedoch nach dem Tode des letzten ostfränkischen Königs begann bereits im Jahr 911 mit der Wahl von Konrad I. zum König eine Entwicklung hin zum eigenständigen ostfränkisch-deutschen Reich. Dies gipfelte mit der Kaiserkrönung Ottos I., welche als Beginn des Heiligen Römischen Reiches betrachtet wird.

Denar von Otto I.(bis 962), Bad Breisig (Quelle: Liebensteingesellschaft)

Die Herrschaft der Ottonen und Salier (925-1056) schloss ab dem Jahr 925 den Raum Lothringen mit ein, wozu die linksseitigen Rheinlande und damit auch das Gebiet des heutigen Kreises Ahrweiler gehörte. Um die Integration des vormaligen fränkisch-karolingischen Gebiets in das Reich der Ottonen voranzutreiben setzten die neuen Landesherren auf die nun eingesetzten Bischöfe. Weiterhin vermittelten Herzöge zwischen dem lothringischen Adel und dem nunmehr regierenden König.

Folgend kam es im Rheinland zur Herausbildung regionaler Herrschaftszentren welche hauptsächlich unter dem Einfluss der um die Vorrangstellung im Reich konkurrierenden Erzbistümer Trier und Köln standen. Eng verknüpft mit der kirchlichen Herrschaft war jedoch auch die der Grafen als Beauftragte des Königs. Zu den wichtigsten Grafschaften im nördlichen Rheinland zählten der Köln- und Jülichgau, Eifel- und Zülpichgau sowie der im Süden anschließende Bonn- und Ahrgau. Zum Ende des 10. Jahrhunderts, wohl um 985, stieg die Familie der Ezzonen in das Pfalzgrafenamt auf. Das Machtzentrum des damaligen Pfalzgrafen Ezzo lag in der ersten Hälfte des 11. Jahrhunderts auf der Tomburg bei Rheinbach. Zu seinem Besitz gehörten Ländereien in Gelsdorf, Eckendorf, Ringen, Bengen, Unkelbach, Remagen und Sinzig. Somit wuchs die Ezzofamilie, welche mehrere Grafschaften innehatte sowie zugleich Schutzvogteien über die Reichsklöster im Herrschaftsgebiet ausübte zu einem Pfalzgrafengeschlecht des 10./11. Jahrhunderts heran, welches im Köln-Bonner Raum aber auch im heutigen Kreisgebiet beheimatet war. Südlich anschließend gelangte ein weiteres Grafengeschlecht, später nach der Luxemburg benannt, zu umfangreichen Besitztümern. Wenngleich deren Schwerpunkt im Trierer Raum zu lokalisieren war, lagen die Eigengüter des aus dem Luxemburger Grafengeschlecht stammenden Heinrich von Laach südlich des Brohltals. Auf dem Gebiet des heutigen Kreises Ahrweiler lag daher eine Herrschaftsgrenze zweier einflussreicher hochmittelalterlicher Grafengeschlechter, wodurch die Region bzw. deren Kulturlandschaft vielerorts unterschiedlich geprägt wurde.

Die zur karolingischen Zeit angelegte Krönungsstraße, auch als Aachen-Frankfurter Heerstraße (AFH) bezeichnet, diente den karolingischen sowie fränkischen Königen als direkte Wegverbindung nach Aachen, insbesondere um dort die Königskrone in Empfang zu nehmen. Zusätzlich fungierte die Straßenverbindung als Handelsweg, Poststraße und Heerstraße. Ein besonders wichtiger Abschnitt der AFH liegt heute im Kreis Ahrweiler. So verläuft die Aachen-Frankfurter Heerstraße von Eckendorf in der Grafschaft nach Bad Bodendorf, um dort in das Ahrtal einzutreten. Die Ahr wird bei Sinzig überschritten. Von dort aus verlief der Streckenabschnitt nach Frankfurt über Rhein und Main. Der Stadt Sinzig kommt damit eine Besonderheit zu: so weilte der Stauferkaiser Friedrich I. Barbarossa viermal dort, weshalb sie den Beinamen Barbarossastadt trägt.

Dem Schutz der Aachen-Frankfurter Heerstraße dienten insgesamt 36 Burgen, die zumeist im Hochmittelalter, entlang des Straßenverlaufs entstanden. Als hierfür bekannteste Anlage im Kreis Ahrweiler gilt die ab 1206 im Auftrag des Königs Phillip von Schwaben errichtete Reichsburg Landskron, welche zunächst von dem Trierer Ministerialen Gerhard I. von Sinzig als Begründer der burggräflichen Linie verwaltet wurde. Zugleich diente die ehem. Wasserburg von Bodendorf, ebenfalls zu Beginn des 13. Jahrhunderts errichtet, als Sicherung der Krönungsstraße.

Hoch- und Spätmittelalter
Der Burgberg Landskrone um 1900 - Das bild hat einen gemeinfreien Status

Burg Are bei Altenahr

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Während des Hoch- und Spätmittelalters wurde das Ahr- und Eifelgebiet zudem von weiteren Burganlagen und zugehörigen Grafengeschlechtern dominiert, die maßgeblich für die Entwicklung der Region und der damit verbundenen Kulturlandschaft waren. So wurde die Burg Are, als Höhenburg oberhalb der Gemeinde Altenahr bereits 1095 bis 1105 von Graf Dietrich I von Are erbaut. Das hier residierende Grafengeschlecht begründete Sigebodo I., zwischen 964 bis 922 Graf von Are, als Vasall des Trierer Erzbischofs. Die Grafenfamilie benannte sich nach dem Flusslauf der Ahr, dessen Umland sie weitestgehend im Besitz hatte. Im Jahr 1140 teilten sich die Grafenfamilien in Are-Hochstaden und Are-Nürburg womit deutlich wird, dass die mittelalterliche Herrschaftsstruktur auch regional auf dem heutigen Kreisgebiet sehr eng vernetzt war.

Burg Are bei Altenahr

Die Burg Nürburg, höchstgelegene Burganlage in Rheinland-Pfalz, wird erstmals urkundlich im Jahre 1166 als Noureberg oder Mons Nore erwähnt. Obwohl bereits Dietrich I. von Are dort mit dem Bau einer Fluchtburg einsetzte, gilt dessen Sohn Graf Ulrich als Erbauer der Anlage. Die Nachkommen des Grafen Ulrich nannten sich „Herren von Nürburg und Are“ und waren Lehnsmänner der Kölner Erzbischöfe. Als das Geschlecht derer von Nürburg endete, ging die Burg im Jahr 1290 in kurkölnischen Besitz über. Die Burganlage wurde zudem in mehreren Phasen errichtet. Nachdem der rechteckige Kernbereich erbaut war, kam es zwischen 1340 und 1369 zur Errichtung der Zwingermauern als sekundärem äußeren Befestigungsring. Insgesamt kam es zu drei sog. Wachtsumsringen mit denen sich die bereits im 19. Jahrhundert restaurierte Burg dem Besucher präsentiert.

Die Nürburg bei Adenau

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Die Nürburg bei Adenau

Neben den Burgen im Ahrtal und den angrenzenden Eifelhöhen nimmt die Burg Olbrück bei Hain in der Verbandsgemeinde Brohltals eine bedeutende Stellung ein. Als Initiatoren der Burg Olbrück gelten die bedeutenden Grafen von Wied. In der exponiert auf einem Bergkegel liegenden Burg residierten im 12./13. Jahrhundert die Herren von Olbrück, welche die Anlage 1190 dem Kölner Erzbischof Phillip von Heinsberg zu Lehen auftragen. In den Folgejahren kam es zu weiteren Besitzwechseln. So erlange z. B. 1390 die Familie von Orsbeck Anteile an der nunmehr durch ab 1345 durch zahlreiche Um- und Ausbauten entstandenen Ganerbenburg. Während dieser Zeit bildete sich um die Burg Olbrück eine kleine Herrschaft heraus, unter der etwa zehn umliegende Dörfer auf dem heutigen Kreisgebiet im Brohltal zusammengefasst wurden.

Zentral am mittleren Ahrverlauf lag zudem die Herrschaft Saffenburg, zu der die Dörfer Mayschoß, Laach, Rech, Dernau sowie das Kloster Marienthal gehörten. Zu dieser Herrschaft gehörte sogar ein eigenes Gericht, welches in Mayschoß abgehalten wurde. Die Burg Saffenburg, von der das Gebiet verwaltet wurde, liegt innerhalb der heutigen Gemarkung Mayschoß auf einem langgestreckten Felsmassiv, welches von drei Seiten von der Ahr umspült wird. Als Erbauer der Anlage gilt das Geschlecht derer von Saffenburg, welches 1081 urkundlich zusammen mit den Brüdern Adolf von Nörvenich und Adalbert von Saffenburg nachgewiesen ist. Bei diesen handelt es sich nach derzeitigem Wissenstand vermutlich um Söhne des Grafen Hermann von Nörvenich – dessen Grafenfamilie u.a. für die Verwaltung des „Aregaus“ (Ahrgaus) und damit eines großen Teils heutigen Kreisgebiets zuständig war. In der Folge erlebte die Burg zahlreiche Besitzteilungen, zumeist sind als Besitzer Lehnsleute des Reiches oder des Erzbistums Köln bekannt. Zusätzlich kennen wir die Grafen von Sayn, von Sponheim, von Kleve und von Neuenahr als (Teil-)Eigentümer der Anlage. Aufgrund der Vielzahl der Besitzer wurde die Burg spätestens im 15. Jahrhundert deutlich in ihrem Bestand verändert – wovon die verbliebenen Ruinen noch heute künden.

Neben den Burganlagen und Befestigungen des Hohen und Späten Mittelalters sind des besonders die Dörfer, Hofsiedlungen und Stadtgründungen, welche für die intensive Entwicklung der Kulturlandschaft in der Region, wie wir sie heute kennen, verantwortlich sind. Neben dem mittelalterlichen Sinzig, dessen Stadtgründung spätestens 1267 erfolgte, erhielten auch Remagen, Ahrweiler oder Adenau eine zentrale Funktion im mittelalterlichen Landschaftsbild. So ist z.B. für das mittelalterliche Remagen eine bereits 1014 einsetztende Münzprägung nachgewiesen. Zugleich entwickelte sich dort ein reger Weinhandel; eine Stadtmauer wurde jedoch erst ab 1357 errichtet.

Die Stadt Ahrweiler, heute zusammen mit Bad Neuenahr als Kreisstadt des Landkreises Ahrweiler, wird 893 erstmals in einem Güterverzeichnis des Kloster Prüm erwähnt. Besonderen Stellenwert genoss Ahrweiler aufgrund seiner bereits damals umfangreichen Weingärten, weshalb es für das bedeutende Kloster Prüm als Besitzung großen Wert hatte. Als Ausgangslage für die Stadtentwicklung sind vor allem dessen Lage in der fruchtbaren Talweitung der unteren Ahr, die Häufung mehrere Herrenhöfe, die Anwesenheit mehrerer Prümer und Saffenburger Dienstmannen als niederem Adel, drei adelige Wohntürme (u.a. „Weißer Turm“, ehem. Museum der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler) sowie ein prosperierender Markt für Wein zu nennen. Nachdem umfangreiche Zerstörungen im Jahr 1241 durch staufertreue Ritter der Landskrone verursacht wurden, errichtete die Stadt Ahrweiler ab 1259 eine militärische Befestigung aus einem ca. 6m tiefen Wassergraben sowie einer etwa 10m hohen Stadtmauer. Als wichtigstes Datum der Stadtwerdung gilt jedoch der 5. August 1248, an welchem der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden den Ahrweiler Bürgern ihre Rechte und Freiheiten verlieh. Die Stadt besaß jedoch erst seit 1320 ein eigenes Siegel.

Adenau, zunächst Verwaltungssitz des gleichnamigen jedoch später im Kreis Ahrweiler aufgegangenen Kreises Adenau, existiert bereits seit dem 10. Jahrhunderts als Siedlung, welche vom Herrenhof der Grafen von Are-Nürburg dominiert wurde. Die dortige Pfarrkirche St. Johannis, ursprünglich Eigenkirche der Grafen von Are stammt wohl aus derselben Zeit. Seit dem 12. Jahrhundert existierte in Adenau eine Niederlassung des Johanniterordens, welche heute noch zu den frühesten im Rheinland zählt. Die Pfarrkirche ist den Johannitern seit dem 13. Jahrhundert unterstellt. Ab dem Jahr 1276 war Adenau nunmehr dem Verwaltungsbereich des Erzstifts Köln zugehörig und blieb dies fortwährend bis zur französischen Revolution. Als mittelalterlicher Ortskern gilt das im 14. Jahrhundert errichtete Burghaus mit angeschlossenem „Buttermarkt“, der mit seinen umgebenden Fachwerkhäusern den Kern des mittelalterlichen Adenaus bildet.

Literatur:
H.-U.Reiffen, Sinzig und wichtige Orte des heutigen Kreises Ahrweiler im Mittelalter. In: Studienbuch Landkreis Ahrweiler. Studien zur Vergangenheit und Gegenwart 1 (Bad Neuenahr-Ahrweiler 1987) 83-110.
U. Helbach, Das Mittelalter. In: Der Kreis Ahrweiler im Wandel der Zeit. Studien zu Vergangenheit und Gegenwart 3 (Bad Neuenahr-Ahrweiler 1993) 45-89.
W. Kossin, Sinzig im Mittelalter. In: J. Haffke, B. Koll (Hrsg.), Sinzig und seine Stadtteile – gestern und heute (Sinzig 1983) 51-74.
G. Joachim, Die Kunstdenkmäler des Kreises Ahrweiler. P. Clemen (Hrsg.) Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz 17, 1 (Düsseldorf 1938).
Burg Bodendorf, Eintrag von J. Friedhoff zu in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts. https://www.ebidat.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=229 (abgerufen 18.06.2022).
Landskron a. d. Ahr, Eintrag von J. Friedhoff zu in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts. https://www.ebidat.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=220 (abgerufen 18.06.2022)
Saffenburg, Eintrag von J. Friedhoff zu in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts. https://www.ebidat.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=208 (abgerufen 18.06.2022).
Nürburg, Eintrag von J. Friedhoff zu in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts. https://www.ebidat.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=180 (abgerufen 18.06.2022).
Olbrück, Eintrag von J. Friedhoff zu in der wissenschaftlichen Datenbank „EBIDAT“ des Europäischen Burgeninstituts. https://www.ebidat.de/cgi-bin/ebidat.pl?id=210 (abgerufen 18.06.2022