Neolithikum / Jungsteinzeit
Die Jungsteinzeit markiert mit ihrem Beginn im 6. Jahrtausend v. Chr. einen gewaltigen Umbruch der Entwicklung der Menschheitsgeschichte. Als wichtigster Fortschritt gilt der Übergang von den mobilen Wildbeuterkulturen der Frühzeit hinzu den nun von Sesshaftigkeit und produktiver Nahrungserzeugung sowie Vorratshaltung geprägten Lebensformen der bäuerlichen Kulturen. Die nun begonnene Domestikation von Pflanzen und Tieren gilt als Hauptmerkmal für das Neolithikum.
Dieser neue Wirtschafts- und Kulturgedanke, welcher unweigerlich auch mit Veränderungen im sozialen Verhalten des Menschen einherging, verbreitete sich ursprünglich aus dem Balkanraum heraus und erreichte das nördliche Europa etwa um 5600 v. Chr. Ursprung für diese Wanderbewegung waren Dürren sowie kurzzeitige Klimaveränderungen im Nahen Osten sowie Mittelmeergebiet vor etwa 8200 Jahren.
Das Gebiet des heutigen Rheinland-Pfalz wurde spätestens ab 5600/5300 v. Chr. sukzessive durch jungsteinzeitliche Bauern- und Viehzüchterkulturen aus dem Karpatenbecken heraus erschlossen. Die Einwanderung entsprechender Kulturgruppen führte nach dessen Aufeinandertreffen mit den lokalen, noch in jägerischer Tradition lebenden Wildbeutern, zu einem Anpassungsprozess aus dem grundlegende wirtschaftliche Veränderungen sowie eine vielfältige materielle Kultur hervorging.
Zu dieser materiellen Kultur gehört eine Vielzahl Steinwerkzeuge, wovon wir nun durch eine größere Anzahl Einzel- bzw. Lesefunde aus dem gesamten Gebiet des heutigen Kreises Ahrweiler unterrichtet sind. Den frühen Zeitstufen der Jungsteinzeit lassen sich in Sinzig und Oberwinter gefundene, teilweise durchbohrte, Steinbeile (Schuhleistenkeile) aus Felsgestein zuordnen. Gleichwohl verteilen sich weitere Funde von Feuersteinklingen, Abschlägen sowie Steinbeile und Pfeilspitzen des Mittel- und Jungneolithikums zunächst konzentriert auf dem fruchtbaren Gebiet des Grafschafter Lösshügellands folgend über das Ahrtal und die südlich angrenzenden gebirgigen Höhenzüge in das Brohltal und seine angrenzenden Hochflächen. Neben dem im frühen 20. Jahrhundert bei Kempenich entdeckten Großschleifstein (Polissoir) runden jüngst entdecke Lesefunde (Pfeilspitzen, Steinbeile, etc.) das neolithische Besiedlungsbild ab.
Die Menschen lebten zu dieser Zeit in Langhausbauten aus Holz und Lehmflechtwerk mit einer Länge von ca. 30m. Eine Vielzahl im Kreis Ahrweiler entdeckter geschliffener, polierter und teilweise zur Schäftung durchbohrter Steinbeile wurde für die Bearbeitung von Bauholz zur Errichtung der Langhausbauten verwendet, worüber erstmals belegbar wird, dass das Gebiet des heutigen Kreises Ahrweiler während der Jungsteinzeit intensiv genutzt und auch besiedelt wurde.
Literatur
O. Kleemann, Vor- und Frühgeschichte des Kreises Ahrweiler (Köln/Bonn 1971) 15-19.
O. Kleemann, Vor- und Frühgeschichte des Raumes Sinzig. In: J. Haffke, B. Koll (Hrsg.), Sinzig und seine Stadtteile – gestern und heute (Sinzig 1983) 29-34.
J. Weiner, Ein bemerkenswerter Großschleifstein für neolithische Steinbeilklingen. Berichte aus dem LVR-LandesMuseum Bonn 01/2015, 10-15.
A. von Berg, Die Jungsteinzeit – Bauern und Viehzüchter. In: vorZEITEN. 70 Jahre Landesarchäologie in Rheinland-Pfalz. Begleitband zur Archäologischen Landesausstellung „vorZEITEN. Archäologische Schätze an Rhein und Mosel. 70 Jahre Landesarchäologie in Rheinland-Pfalz“ vom 21. Mai – 29. Oktober 2017 im Landesmuseum Mainz (Regensburg 2017) 107-117.