Franzosen am Rhein!

Neue Erkenntnisse zur französischen Besatzungszeit im Kreis Ahrweiler (1794-1814)

Die Französische Revolution gehört zu den prägenden Ereignissen der Entwicklungsgeschichte unserer modernen europäischen Gesellschaft. So waren gesellschaftliche, politische, administrative und wirtschaftliche Veränderungen dieser Zeit auch für die Entwicklung des bürgerlichen Alltagslebens der Menschen im heutigen Kreis Ahrweiler von grundlegender Bedeutung.

Doch bevor sich diese Werte etablieren konnten, führten Machtbestrebungen der untergehenden französischen Monarchie und die allgemein vorherrschende Kriegsbegeisterung innerhalb der französischen Nationalversammlung zur Kriegserklärung Frankreichs an den König von Böhmen und Ungarn vom 20. April 1792. Es folgten militärische Koalitionen, an denen sich zunächst Preußen, Österreich sowie kleinere deutsche Territorialstaaten beteiligten. Hierauf schlossen sich nach der Hinrichtung von König Ludwig XVI im Jahr 1793, Großbritannien, die Vereinigten Niederlande und Spanien an. Nachdem die französischen Revolutionstruppen zunächst Niederlagen hinnehmen mussten, gelang ihnen in der Schlacht bei Fleurus (Belgien) am 26. Juni 1794 ein entscheidender Sieg. In der Folge konnten die neu aufgestellten französischen Revolutionstruppen das gesamte linksrheinische Gebiet besetzen.

Die historische Quellenlage

Nachdem im Jahr 1793 im heutigen Frankreich die allgemeine Wehrpflicht „Levée en masse“ eingeführt wurde, wuchs die Zahl der Soldaten auf etwa eine Million an. Diese Streitkräfte wurden aufgeteilt in Divisionen, Brigaden, Halbbrigaden sowie Kavallerieregimenter und Artillerieeinheiten. Ein höchst mobiler und schlagkräftiger Truppenverband. Eine dieser Divisionen, welche 1794 im Gebiet des heutigen Kreises Ahrweiler einmarschierte, war die Einheit des General Marceau (* 1. März 1769 – † 21. September 1796). Die Soldaten der Division Marceaus zogen am 21. Oktober 1794 erst in Ahrweiler und später in Sinzig ein. Nach der Einnahme dieser beiden Städte marschierten die Truppen, vermutlich in kleineren Gruppen über Heimersheim, Löhndorf, Franken, Waldorf, Niederzissen, Wassenach und Eich gegen Andernach. Zu diesem Zeitpunkt hatten sich die einstigen rheinischen Landesherren bereits auf das rechte Rheinufer zurückgezogen.

Das „Harterscheid“-Waldgebiet südwestlich von Sinzig in der Tranchotkarte (1808-1813

Sinzig „Harterscheid“

Archäologische Funde belegen Anwesenheit französischer Revolutionstruppen

Vorder- und Rückansicht: Uniformknöpfe der französischen Revolutionstruppen aus dem Sinziger „Harterscheid“-Waldgebiet. Foto: Liebenstein-Gesellschaft, Koblenz.

Auf Ihrem Marsch entlang des Rheins sowie dem Ahrtal und der Eifel lagerten die französischen Revolutionstruppen meist außerhalb der Ortschaften. Archäologische Spuren dieser Lagerplätze sind selten. Dennoch konnten Geländebegehungen im Sinziger Stadtwald „Harterscheid“ während der letzten Jahre den Nachweis für einen solchen, kurzzeitig genutzten Rastplatz der französischen Revolutionstruppen, bringen. Bei den geborgenen Funden handelt es sich um einfache Musketenkugeln aus Blei, Schuhschnallen und Uniformknöpfe. Aufgrund ihrer Aufschrift, welche mit Eichenlaub, Jakobinermütze und Rutenbündel zusätzlich die französische Revolutionssymbole beinhaltet, können Archäologen und Historiker diese Funde präzise datieren und sogar einzelnen Einheiten zuweisen. In der Folge zeigt sich, dass bereits ab 1794 im Sinziger „Harterscheid“-Waldgebiet kurzzeitige Rast- und Lagerplätze der durchziehenden französischen Revolutionstruppen existiert haben.

Die Funde erlauben den Archäologen einen lebendigen Eindruck der Anwesenheit der französischen Revolutionstruppen im Kreis Ahrweiler zu vermitteln. Der 2019 im Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler erschiene Aufsatz erläutert ausführlich die archäologischen Funde sowie die historische Quellenlage der französischen Besatzungszeit im Kreis Ahrweiler (1794-1814).

Literatur: G. Heeren, B. Schmitz, Franzosen am Rhein! Zu den archäologischen Spuren der französischen Besatzungszeit im Kreis Ahrweiler (1794-1814). Heimatjahrbuch des Kreises Ahrweiler 2019, 132-135.

Link zum Artikel vom Heimatjahrbuch: https://relaunch.kreis-ahrweiler.de/kvar/VT/hjb2019/hjb2019.33.pdf