Französischer Gerichtsvollzieher in der Grafschaft 12/2022
Im Oktober 1794 wurde das Rheinland von französischen Revolutionstruppen besetzt. Etwa 15 Kilometer südlich von Bonn liegt die Ortschaft Gelsdorf im fruchtbaren Abschnitt des Grafschafter Lösshügellands, worauf etwa fünf Kilometer südöstlich Bad Neuenahr-Ahrweiler folgt. Mit dem Einzug der französischen Revolutionstruppen wurde die vormalige Territorialherrschaft auch auf dem Gebiet des heutigen Kreises Ahrweiler vollständig aufgelöst und durch eine völlig neue Verwaltungsgliederung ersetzt.
Neben der Verwaltungsreform sowie Einteilung in kommunale Arrondissements und sogenannte „Mairien“ (Bürgermeistereien) wurde auch die Zivilgerichtsbarkeit erneuert. Dem neu eingeführten Friedensgericht als untere Instanz der französischen Zivilgerichtsbarkeit wurde ein „huissier“ als Gerichtsvollzieher unterstellt, der z.B. Geldforderungen eintreiben sollte.
Die Frage, wie sich der nun ernannte Gerichtsvollzieher im Rheinland gegenüber der Bevölkerung, insbesondere den säumigen Schuldnern, legitimierte, kann mittels eines unlängst in Gelsdorf entdeckten archäologischen Fundes beantwortet werden.
Die bei systematischen archäologischen Feldbegehungen entdeckte Medaille besteht aus einer Kupferlegierung, ist kreisrund und misst etwa 3,9_cm. Der Rand ist außen erhaben, und die Medaille war ehemals flächig vergoldet. Die Vorderseite wurde mit französischer Revolutionssymbolik versehen, bestehend aus Rutenbündel mit aufgesetzter phrygischer Mütze und flankierenden Eichenlaubzweigen. Auf der Rückseite wird der eingravierte Schriftzug „Action de la loi“ (Gesetzliche Handlung) erkennbar.
Besonders der eingravierte Schriftzug zeichnet das Stück als Medaille / Marke eines französischen Gerichtsvollziehers aus. Entsprechende Medaillen wurden bereits 1791 eingeführt und waren über ein blau-rot-weißes Bändchen an einem Knopfloch der Jacke befestigt. Aufgrund von Schriftbild und Revolutionssymbolik lässt sich das Stück in die Zeit zwischen 1794 und 1800 datieren, in welcher es wohl auch verloren ging. Die Gerichtsbeschlüsse und Geldforderungen, die der Träger dieser Medaille ausführen sollte, müssen jedoch – ebenso wie die Umstände des Verlustes – unklar bleiben.
Die Interessengemeinschaft Archäologie und Geschichte im Kreis Ahrweiler e.V. wünscht ihren Mitgliedern und Freunden sowie allen Interessierten einen guten Start in das neue Jahr!
Literatur:
G. Heeren, Französischer Gerichtsvollzieher im Rheinland. Archäologie in Deutschland 03/2020, 60f.
I. Görtz, Vom Ende des Alten Reiches bis zum Ersten Weltkrieg (1794-1914). In: Der Kreis Ahrweiler im Wandel der Zeit. Studien zu Vergangenheit und Gegenwart 3 (Bad Neuenahr-Ahrweiler 1993) 125-170.